Zu den Härtefallvoraussetzungen nach §27 Versorgungsausgleichsgesetz
Im Rahmen der Ehescheidung findet auch der Versorgungsausgleich bezüglich der während der Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften der Eheleute statt. § 27 VersAusglG als Ausnahmevorschrift lässt den Versorgungsausgleich ganz oder teilweise entfallen, wenn ein Versorgungsausgleich grob unbillig wäre. Die Abweichung vom Halbteilungsgrundsatz der Versorgungsrechte erfolgt dann, wenn die Umstände des Einzelfalls es insgesamt rechtfertigen, vom Halbteilungsgrundsatz abzuweichen.

Die Feststellung der groben Unbilligkeit unterliegt der tatrichterlichen Gesamtbeurteilung. Im Rahmen der Rechtsbeschwerde kann nur überprüft werden, ob in der Gesamtbetrachtung sämtliche Umstände, die für die Beurteilung wesentlich sind, berücksichtigt wurden und die richterliche Ermessensausübung dem Gesetzeszweck entsprechend ausgeübt wurde, vgl. BGH NJW-RR 2016, 321.

Eine grobe Unbilligkeit liegt vor, wenn die schematische Durchführung der Halbteilung unter Berücksichtigung der besonderen Gegebenheiten des Einzelfalls dem Grundgedanken der dauerhaften und gleichmäßigen Teilhabe der erworbenen Anwartschaften in unerträglicher Weise widerspricht. Dies beurteilt sich anhand einer Gesamtabwägung der persönlichen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten, BGH NJW-RR 2016, 321. In der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dies als gegen anzunehmen, wenn klar erkennbar ist, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte in der Gesamtbilanz über ein so hohes Vermögen und Einkommen verfügt, dass die Altersversorgung des Ausgleichsberechtigten bereits voll abgesichert ist, der ausgleichspflichtige Ehegatte jedoch dringend auf die in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte für die Sicherung seines eigenen Unterhalts angewiesen ist.
BGH, Az. XII ZB 259/23 Beschluss vom 10.4.2024, eingestellt am 22.08.2024