Abstammung ohne Einholung eines Abstammungsgutachtens
Während die Abstammung der Mutter in Deutschland durch die Geburt festgestellt wird, wie sich aus § 1591 BGB ergibt, gilt dies für den Vater nicht. Wird das Kind jedoch in die Ehe hineingeboren, so wird der Ehemann der Mutter als Vater des Kindes angesehen. Daneben kann eine Vaterschaftsanerkennung erfolgen oder die Vaterschaft wird gerichtlich festgestellt.

Ist im Verfahren streitig, da während der Empfängniszeit der Mutter mehrere Männer infrage kommen, Vater des Kindes zu sein, bedarf es für die Feststellung der Vaterschaft im Streitfall eines Abstammungsgutachtens. Im Rahmen des Abstammungsgutachtens wird dann festgestellt, wer der biologische Vater des Kindes ist.

Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main hatte in einem Verfahren darüber zu entscheiden, ob eine Abstammung auch ohne Einholung eines Abstammungsgutachtens erfolgen kann, wenn sich die Mutter mit dem gemeinsamen Kind im Ausland befindet und die Teilnahme an der für die Feststellung der Vaterschaft notwendigen Abstammungsuntersuchungen verweigert.

In dem Fall hatte der vermeintliche Vater des Kindes unstreitig mit der Kindesmutter Geschlechtsverkehr im Zeitpunkt der gesetzlich festgelegten Empfängniszeit gehabt. Die gesetzlich festgelegte Empfängniszeit beträgt nach § 1593 BGB 300 Tage vor der Geburt, kann im Einzelfall bei Nachweis aber auch länger sein.

Da in dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Frankfurt/Main auch ein Rechtshilfeersuchen aufgrund der rechtlichen Lage im Aufenthaltsstaat der Mutter nicht möglich war und nach Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main deshalb keine Aussicht auf Erfolg hatte, nahm das Oberlandesgericht Frankfurt/Main im Rahmen dieser Einzelfallentscheidung die Abstammung des Vaters an, da von der Kindesmutter auch kein substantiierter Vortrag erfolgte, der schwerwiegende Zweifel im Hinblick auf die Vaterschaft des beantragenden Vaters hatte.
OLG Frankfurt/Main, Az.: 6 UF 68/22, Beschluss vom 17.10.2022, eingestellt am 14.07.2023