Die Aufnahme einer Ausbildung kann der Kindesunterhaltsleistung vorgehen
Im Kindesunterhalt wird rechtlich unterschieden zwischen dem betreuenden Elternteil und dem barunterhaltspflichten Elternteil, der durch Geldbeträge den Mindestkindesunterhalt oder den darüber hinausgehenden Unterhalt zu leisten hat. Der Unterhaltsschuldner ist rechtlich verpflichtet, im Rahmen seines Könnens und seiner Fähigkeiten diese einzusetzen, um den Mindestkindesunterhalt erwirtschaften zu können. Hat der unterhaltspflichtige Elternteil jedoch noch keine Berufsausbildung abgeschlossen und befindet sich im Rahmen einer Ausbildung oder im Rahmen der Aufnahme einer Ausbildung, so hat das Oberlandesgericht Stuttgart in einem aktuellen Verfahren entschieden, dass diesem Elternteil die Aufnahme der Ausbildung nicht verwehrt werden kann; dies auch nicht in dem Zusammenhang, wenn die Schulzeit zwischen Ausbildungsbeginn und Schulzeitende länger zurück liegt. Auch in dem Fall ist der in der Ausbildung betreffende Elternteil nicht verpflichtet, diese Ausbildung aufzugeben, um dann einer anderen Tätigkeit nachzugehen, um den Mindestkindesunterhalt für ein minderjähriges Kind aufzubringen. Dies kommt auch insbesondere dann nicht in Betracht, wenn aufgrund der bestehenden oder aufgenommenen Berufsausbildung in absehbarer Zeit der Unterhaltspflichtige in den Zustand versetzt wird, ein Einkommen zu erzielen, mit dem er zukünftig nicht nur sein eigenes Einkommen, sondern auch den Kindesunterhalt sichern kann.
OLG Stuttgart, Az. 11 WF 171/20, Beschluss vom 28.01.2022, eingestellt am 15.05.2022