Abstammungsstatut und die Vorfrage des Bestandes der Ehe
Der Bundesgerichtshof hatte in einem Verfahren die Vorfrage des wirksamen Bestands der Ehe für die Abstammungsregelungen nach einem Vater zu klären.

Dem Verfahren lag der Sachverhalt zugrunde, dass die Mutter des Kindes iranische Staatsangehörige war, der Vater war ebenfalls iranischer Staatsangehöriger mit Asylstatus in Deutschland. Beide sind die Ehe miteinander im Iran eingegangen, lebten dann in Deutschland und im Jahr 2006 wurde die Ehe im Iran durch Talaq (Verstoßung) vor einem Scheidungsnotariat beendet. Im Jahr 2009 heiratete die Kindesmutter erneut im Iran, eine Anerkennung der ausländischen Scheidung in Deutschland war bis zu diesem Zeitpunkt nicht erfolgt. Der Ehemann beantragte im Jahr 2012 die Anerkennung der im Iran vorgenommenen Privatscheidung, dies wurde in Deutschland nach § 107 FamFG abgelehnt, da eine Privatscheidung in Deutschland durch Verstoßung nicht möglich ist, weshalb im Jahr 2014 die Ehe der Beteiligten nach deutschem Recht rechtskräftig geschieden wurde. Aus der zweiten Ehe hatte die Kindesmutter zwei Kinder geboren. Hier stellte sich nun die Frage, wer rechtlich Vater des Kindes ist.

Im internationalen Privatrecht ist zu prüfen, welches Abstammungsstatut mit der Vorfrage des Bestandes der Ehe zur Geltung kommt. Da die Ehe der Beteiligten, die im Iran durch Verstoßung zwar rechtskräftig wurde, jedoch keinen Bestand in Deutschland hatte, lag eine Doppelehe vor, die in Deutschland unzulässig ist. Aus diesem Grund galt die zweite Ehe der Ehefrau in Deutschland als nicht wirksam geschlossen. Der Bundesgerichtshof führt aus, dass im internationalen Privatrecht für die Eheschließungsvoraussetzungen Artikel 13 Abs. 1 EGBGB regelt, welches Recht auf die Voraussetzung der Eheschließung Anwendung findet. Dies ist jeweils das Heimatrecht der Beteiligten. Liegt in solch einem Fall ein Mangel in beiden Rechtsordnungen vor, was die Voraussetzungen der Eheschließung angeht, so gilt der Grundsatz des ärgeren und damit strengeren Rechts. Es ist das Recht in Anwendung zu bringen, was die strengeren Voraussetzungen hat. Hiervon kann jedoch abgewichen werden, wenn die beteiligten Rechtsordnungen bei einer isolierten Betrachtung zu einem Ergebnis kommen, das keiner der Rechtsordnungen entspricht.

Für die Abstammung führt der BGH aus, dass § 1593 Satz 3 BGB in einem solchen Fall analog anzuwenden sei, so dass Vater des Kindes derjenige ist, der der späteren Ehe der Beteiligten zugeordnet wird und in der Ehezeitbetrachtung es dann zur Geburt der Kinder gekommen ist.
BGH, Az.: XII ZB 565/20, Beschluss vom 08.03.2023, eingestellt am 07.07.2023