Testamentsauslegung bei gemeinsamen Ableben der Eheleute
Wirft ein Testament bezüglich der Erbeinsetzung Fragen auf oder ist es nicht eindeutig, so bedarf es der Auslegung. Vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf ging es um ein gemeinsames Ehegattentestament, das die Ehegatten handschriftlich verfasst hatten. Sie hatten sich zunächst gegenseitig als Alleinerben eingesetzt und haben weiter verfügt, dass „im Fall eines gemeinsamen Ablebens“ zwei Nichten prozentual als Erben eingesetzt werden. Im Rahmen des Erbscheinverfahrens war strittig, wie die Formulierung „gemeinsames Ableben“ zu verstehen sei. Es gibt eine Rechtsprechung, die beinhaltet, dass „gleichzeitiges Ableben“ bedeutet, dass zwischen dem Tod des einen und dem Tod des anderen Ehegatten ein enger zeitlicher Zusammenhang bestehen muss. Das Oberlandesgericht Düsseldorf sieht aber den sprachlichen Unterschied zwischen „gemeinsam“ und „gleichzeitig“. Während gleichzeitig einen engen zeitlichen Rahmen vorhersieht, bedeutet das Wort gemeinsam lediglich, dass beide Ehegatten tot sind. Es hat jedoch nach Auffassung des Oberlandesgerichts keine zeitliche Komponente. Aus diesem Grund kam das Oberlandesgericht Düsseldorf nach Auslegung des gemeinsamen Ehegattentestaments zu dem Ergebnis, dass eine Erbeinsetzung der beiden Nichten als Schlusserben vorgesehen ist für den Fall, dass beide Eheleute verstorben sind. Nach dem Tod des überlebenden Ehegatten war also die Erbeinsetzung der Nichten festgestellt worden.

Praxishinweis:
Die Entscheidung zeigt, wie wichtig die konkrete Formulierung von Testamenten ist. Diese konkrete Formulierung entfällt manchmal, wenn handschriftliche Testamente abgefasst werden. Je klarer ein Testament formuliert ist, desto weniger bietet es im Erbfall Angriffsfläche für Auslegungen, die eventuell nicht dem Erblasserwillen entsprechen. Dies sollte bei der eigenhändigen Testamentsabfassung immer berücksichtigt werden.
OLG Düsseldorf, Az.: I-3 Bx 193/20, Beschluss vom 28.04.2021, eingestellt am 15.11.2021