Ablehnung eines Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit
In familiengerichtlichen Verfahren kommt es zur Klärung von Fragestellungen, die das Kindeswohl betreffen, häufig zur Bestellung eines Sachverständigen, der anhand von spezifischen Fragestellungen, die ihm das Gericht im Rahmen eines Beweisbeschlusses aufgibt, zu klären hat, ob das Kindeswohl beispielsweise durch Verhaltensweisen der Eltern gefährdet ist oder gefährdet sein könnte.

Auch im Rahmen einer Sachverständigenbegutachtung kann man zu dem Ergebnis kommen, dass gegenüber dem Sachverständigen die Besorgnis der Befangenheit besteht, wenn hierfür objektive Gründe gegeben sind.

Das Oberlandesgericht Hamm hat in einem aktuellen Beschluss ausgeführt, dass ein Antrag auf Besorgnis der Befangenheit grundsätzlich in dem vom Gericht genannten Zeitpunkt zur anwaltlichen Stellungnahme auf das vorgelegte Gutachten zu erfolgen hat. Übermittelt das Gericht das Sachverständigengutachten mit gerichtlichem Schreiben und setzt darin eine Frist zur Stellungnahme, so hat der Antrag auf Besorgnis der Befangenheit im Rahmen dieser Frist gestellt zu werden.

In dem vorliegenden Verfahren hatte der Anwalt gegenüber dem Gericht schriftlich um Fristverlängerung zur Stellungnahme gebeten, das Gericht hatte hierzu weder sich ablehnend noch zustimmend geäußert. Nachdem der Anwalt dann den Ablehnungsantrag gestellt hat, war das Gericht der Auffassung, dass dieser verfristet sei.

Aufgrund des Beschlusses des Oberlandesgerichts Hamm hat also der Anwalt/die Anwältin, die im Rahmen eines familiengerichtlichen Verfahrens zu einem Sachverständigengutachten Stellung zu nehmen hat, die Stellungnahme innerhalb der vorgesehenen Frist vorzunehmen. Wenn dies zeitlich nicht möglich ist, ist ein Fristverlängerungsantrag zu stellen, nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm und auch des Bundesgerichtshofs kann ein Anwalt davon ausgehen, dass der erste Fristverlängerungsantrag genehmigt wird. Es besteht nicht die Verpflichtung, beim Gericht nachzufragen, ob eine Genehmigung erklärt wird, da der erste Fristverlängerungsantrag grundsätzlich gewährt wird. Im Rahmen der Fristverlängerung und der Stellungnahmefrist sind dann aber auch die entsprechenden Anträge bei Gericht einzureichen.
OLG Hamm, Az.: 1 WF 39/22 Beschluss vom 10.03.2022, eingestellt am 08.09.2022