Das Oder-Konto im Pflichtteilsrecht
Bei einem sogenannten Oder-Konto haben mindestens zwei Personen Zugriff auf ein Girokonto, bei dem jeder berechtigt ist, über das Vermögen auf dem Konto alleine zu verfügen. Im Unterschied zum sogenannten Und-Konto handelt es sich um ein Konto, über dessen Sparguthaben beide oder alle Beteiligten nur gemeinsam verfügen können. So kann einer allein beispielsweise kein Geld von dem Konto abheben, wenn er nicht gleichzeitig die Einwilligung der anderen Beteiligten hat.
In erbrechtlichen Streitigkeiten, in denen ein Pflichtteilsberechtigter enterbt wurde, wird häufig ein notarielles Nachlassverzeichnis gefordert, darin wird auch Auskunft verlangt, welche Konten es gab.
Befindet sich im Nachlass des Verstorbenen ein Oder-Konto, so bedeutet dies, dass der Mitkontoinhaber zu Lebzeiten bereits im Rahmen der Errichtung oder auch der Einzahlungen einen Anspruch auf das hälftige Sparguthaben erhalten hat. Daraus folgt, dass im notariellen Nachlassverzeichnis entsprechend die Konten aufgeführt werden, und daraus ergibt sich ferner, dass das hälftige Sparguthaben als ausgleichspflichtige und pflichtteilsrelevante Schenkung anzusehen ist, die im Rahmen der Pflichtteilsberechnung zu berücksichtigen ist. In der Vergangenheit hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden (BGH NJW-RR 1986, 1133), dass der Mitkontoinhaber des Oder-Kontos als Beschenkter bereits zu Lebzeiten den hälftigen Anteil des sich auf dem Konto befindlichen Sparguthabens erhält.
Dieser ständigen Rechtsprechung folgt das OLG München in dem Verfahren.
OLG München, Az.: 33 W 775/21, Beschluss vom 09.08.2021, eingestellt am 31.12.2021