Zum Ruhen der elterlichen Sorge nach § 1674 BGB
Nach § 1674 BGB ruht die elterliche Sorge, wenn aufgrund der Feststellungen des Familiengerichts ein Elternteil über einen längeren Zeitraum die elterliche Sorge faktisch nicht ausüben kann. Sobald der Grund des Ruhens entfallen ist, lebt die elterliche Sorge wieder aus.
Im Rahmen von minderjährigen Flüchtlingen, die unbegleitet nach Deutschland kommen, stellt sich die Frage nach § 1674 BGB, ob die elterliche Sorge auf einen Amtsvormund zu übertragen ist.
Vor dem Oberlandesgericht Bremen ging es bei einem Flüchtling aus Gambia um die Frage der Volljährigkeit. Der Flüchtling selbst meinte, er sei minderjährig. Nach internationalem Privatrecht beurteilt sich die Frage der Volljährigkeit nach Art. 7 Abs. 2 EGBGB und damit nach dem Heimatrecht der jeweiligen Person. In Gambia tritt Volljährigkeit mit dem 18. Lebensjahr ein.
Im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes hat das Gericht unter Ausschöpfung sämtlicher verfahrensrechtlicher Möglichkeiten die Umstände zu veranlassen, die einer Aufklärung des Sachverhalts dienen. Hier war es so, dass der Betroffene anhand seines Fingerabdrucks über die VIS-Datenbank erkannt wurde und dass er im Jahr 2019 einen Reisepass vor der französischen Botschaft in Senegal hat ausstellen lassen und dort sein Geburtsdatum mit 1991 angegeben hat. Er war damit im Zeitpunkt der Ausstellung des Reisepasses bereits 28 Jahre alt. Hinweise darauf, dass der Reisepass, der von der französischen Botschaft ausgestellt worden war oder das Lichtbild nicht mit dem Betroffenen übereinstimmte, gab es nicht, so dass der Betroffene als volljährig angesehen wurde. Eine Regelung nach § 1674 BGB bedurfte es deshalb nicht.
OLG Bremen, Az.: 4 UF 45/21, eingestellt am 31.10.2022