Zur Frage, ob titulierter Kindesunterhalt als Vorabzug in Ansatz zu bringen ist
In einem Verfahren vor dem Oberlandesgericht Bremen ging es um die Fragestellung, ob titulierter Kindesunterhalt bei der Unterhaltsberechnung vollständig in Abzug zu bringen ist. In dem Verfahren war der Antragsgegner zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtet worden, gegen ihn lag ein Titel vor. Aus diesem Titel ist aber nie vollstreckt worden, so dass es tatsächlich nicht zu Kindesunterhaltsleistungen gekommen ist. Im weiteren Verfahren zur Unterhaltspflicht machte der Antragsgegner geltend, dass die Unterhaltszahlungen von seinem Einkommen zunächst in Abzug zu bringen wären, da ein vollstreckbarer Titel gegen ihn vorliegt.

Das Oberlandesgericht Bremen stimmt im Grundsatz den Ausführungen zu, dass titulierte Ansprüche, die ein Pflichtiger gegen sich gelten lassen muss, eine Abzugsposition darstellen. Es führt aber aus, dass diese nur dann in Abzug zu bringen sein können, wenn der Zahlungspflichtige tatsächlich davon ausgehen muss, aus dem Titel in Anspruch genommen zu werden. Im vorliegenden Fall war der Zahlungspflichtige aus dem Titel nicht in Anspruch genommen worden, es war aufgrund einer veränderten Betreuungssituation auch nicht mehr damit zu rechnen, dass er aus dem Titel in Anspruch genommen werden würde und das Gericht führt aus, dass, wenn Unterhalt, der tatsächlich geleistet wird, mit dem titulierten Unterhalt auseinanderfällt und deshalb geringer wäre, nur dann voll in Ansatz zu bringen ist, wenn eine Mahnung beispielsweise ausgesprochen worden ist. Dies war hier nicht der Fall und es gab keine Anhaltspunkte, dass für den rückständigen Unterhalt eine Vollstreckung in Ansatz zu bringen wäre. Dies wurde auch von den Beteiligten nicht vorgetragen. Dies kann damit zusammenhängen, dass nach Vorlage des Titels die Beteiligten für die Betreuung das Wechselmodell durchgeführt haben und der Titel den dann gelebten Voraussetzungen nicht mehr entsprach.

Aus diesem Grund wurde der titulierte Unterhaltsanspruch, der zudem nur auf ein Jahr befristet war, nicht bei der Unterhaltsberechnung auf Seiten des Zahlungspflichtigen vollständig in Abzug gebracht.
OLG Bremen, Az. 4 UF 79/20, Beschluss vom 18.06.2021, eingestellt am 08.02.2022