Zur Frage, ob die Ehewohnung auch vor Rechtskraft der Ehescheidung durch Teilungsversteigerung liquidiert werden kann
In Ehescheidungsangelegenheiten, in denen die Beteiligten über ein Einfamilienhaus verfügen, stellt sich häufig die Frage, ob die Eheimmobilie bereits vor Rechtskraft der Scheidung im Rahmen der Teilungsversteigerung auseinandergesetzt werden kann, wenn keine Einigung zwischen den Parteien besteht. Grundsätzlich kann ein Miteigentumsanteil an einer Immobilie im Rahmen der Teilungsversteigerung versteigert werden. Im Rahmen der Ehe kann jedoch ein Ehegatte nicht über das Vermögen der Eheleute im Ganzen alleine entscheiden, weshalb teilweise auch die Teilungsversteigerung abgelehnt wird. Daneben wird aus dem Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben ein Schutz des sogenannten räumlich-gegenständlichen Ehebereichs abgeleitet, weshalb eine Versteigerung der Ehewohnung vor Rechtskraft der Scheidung nicht erfolgen soll. In Literatur und Rechtsprechung herrscht Streit darüber und das OLG Dresden hat in einer aktuellen Entscheidung nun im Rahmen einer Interessenabwägung entschieden, dass die Teilungsversteigerung einer Immobilie bereits vor Rechtskraft der Scheidung durchgeführt werden kann, wenn die Interessenabwägung zu Gunsten des Antragstellers ausschlägt. Im vorliegenden Fall waren die Beteiligten bereits länger getrennt und beide hatten in einem Scheidungsverfahren einen Scheidungsantrag gestellt. Aufgrund von Verbundanträgen zog sich das Scheidungsverfahren jedoch in die Länge, weshalb der Ehemann vor Rechtskraft der Scheidung die Teilungsversteigerung bewirken wollte, vgl. OLG Dresden, Az.: 23 UF 259/21, Beschluss vom 04.11.2021. Das OLG Dresden gab der Beschwerde des Ehemannes auf die zuvor vom Amtsgericht abgelehnte Teilungsversteigerung statt, weshalb die Teilungsversteigerung vor Rechtskraft der Scheidung erfolgen konnte. Der Rechtsprechung des OLG Dresden steht die Rechtsprechung des OLG Hamburg, Az.: 1 UF 163/16, Beschluss vom 28.07.2018 entgegen, der eine solche Teilungsversteigerung vor Rechtskraft der Scheidung gerade ausschließt.
Das bedeutet, dass keine einheitliche obergerichtliche Klärung vorliegt, ob eine Teilungsversteigerung tatsächlich vor Rechtskraft der Scheidung durchgeführt werden kann und es einer einzelfallabhängigen Interessenabwägung bedarf, ob eine Teilungsversteigerung durchgeführt werden kann oder nicht. Das OLG Dresden knüpft hierbei an das Rücksichtnahmegebot unter Ehegatten aus §1353 BGB an. Zum Zeitpunkt der Entscheidung stand eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs noch aus (BGH, Beschluss vom 24.11.2021, XII ZB 253/20, FamRZ 2022, 593). Der Bundesgerichtshof verneint das Rücksichtnahmegebot in Vermögensangelegenheiten, wenn das Scheitern der Ehe gegeben ist. Es müsste dann also nach Interessenabwägung bei gleichrangigen Interessen der Ehegatten noch die Feststellung der Zerrüttung der Ehe erfolgen.
Insgesamt stellt die jetzige Situation eine risikoreiche und mit Kosten für die Beteiligten verbunden Rechtslage dar, da nicht absehbar ist, wie im Einzelfall das jeweils zuständige Gericht im Rahmen der Teilungsversteigerung, sollte gegen diese eine Beschwerde eingelegt werden, sich hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Teilungsversteigerung positioniert oder ob entsprechende Gegenklagen notwendig sind.
Dr. jur. Christian Kasten zu OLG Dresden, Az.: 23 UF 259/21, Beschluss vom 04.11.2021, eingestellt am 16.09.2022