Zur Betreuerbestellung, wenn innerhalb der Familie Spannungen herrschen
Der Bundesgerichtshof hat sich in einem aktuellen Fall zu der Frage geäußert, inwieweit ein Wunschbetreuer des Betroffenen ggf. das Amt nicht ausüben kann, wenn dies zu Spannungen in der Familie führt und sich diese Spannungen auf den Betroffenen durchschlagen.
In dem Verfahren hatte der Betroffene eine Generalvollmacht erteilt, ein anderer Familienangehöriger hatte ein Betreuungsverfahren eingeleitet und es wurde als Betreuer nicht der Wunschbetreuer des Betroffenen bestellt.
In dem Verfahren äußert sich der Bundesgerichtshof zu verschiedenen Aspekten, auch dazu dass ein Betroffener bei Geschäftsunfähigkeit einen Anwalt bestellen kann, da § 275 FamFG keine Rücksicht auf die Geschäftsfähigkeit beinhaltet, um einen Verfahrensbevollmächtigten zu bestellen.
Des Weiteren führt der Bundesgerichtshof aus, dass eine Anhörung des Betroffenen nur bei Bestellung eines Verfahrenspflegers erfolgen kann und die Anhörung, sollte sie ohne den Verfahrenspfleger des Betroffenen erfolgt sein, nachgeholt werden muss, sie kann ansonsten verfahrensrechtlich nicht geheilt werden.
Was die familiären Spannungen bei der Betreuerauswahl angeht, so äußert sich der Bundesgerichtshof hier lediglich im Rahmen eines Hinweises für das fortlaufende Verfahren. Grundsätzlich ist nach der Reform des § 1816 BGB der Wunsch des Betroffenen hinsichtlich der Betreuungsperson Rechnung zu tragen und dem Tatrichter wird bei der Auswahl des Betreuers insoweit durch das Gesetz kein Ermessensspielraum gewährt. Er ist deshalb an die Auswahl des Betreuers durch den Betroffenen gebunden.
Der Bundesgerichtshof führt dann allerdings aus, dass der Wille, den der Betroffene geäußert hat, unberücksichtigt bleiben kann, wenn die Wunschperson ungeeignet ist, der Betreuung nachzugehen. Hierbei führt der Bundesgerichtshof aus, dass im Rahmen einer Abwägung das Gericht alle relevanten Umstände zu berücksichtigen hat, die für oder gegen den Wunschbetreuer sprechen. Familiäre Konflikte von erheblichem Niveau können im Rahmen der Abwägung gegen die Bestellung des Betreuers sprechen, wenn die familiären Spannungen dazu führen könnten, dass der Betroffene hierunter leidet oder seine wirtschaftlichen Verhältnisse aufgrund dieser Spannungen leiden könnten.
BGH, Az.: XII ZB 442/22, Beschluss vom 03.05.2023, eingestellt am 08.08.2023