Mindestanforderung an den Erbvertrag ist das Vorhandensein vertragsmäßiger Verfügungen
Ehegatten können nicht nur gemeinschaftlich letztwillig verfügen, indem sie ein Ehegattentestament verfassen; sie können auch einen Erbvertrag abschließen. Der Erbvertrag enthält dann vertragsmäßige Verfügungen der Vertragsparteien von Todes wegen. Infrage kommen nach § 2278 BGB Erbeinsetzung, Auflagen und Vermächtnisse als erbvertragliche Verfügungen von Todes wegen. Andere Verfügungen sind nicht zulässig.
Vor dem Oberlandesgericht Hamm ging es in einer aktuellen Entscheidung um die Auslegung einer notariellen Urkunde, die einen Ehe- und Erbvertrag zum Inhalt haben sollte. In der erbvertraglichen Passage des notariellen Vertrages setzten sich die Ehegatten gegenseitig jeweils zu alleinigen Erben ein und bestimmten gleichzeitig, dass jeder Ehegatte die vorgenommene Erbeinsetzung durch einseitiges Testament jederzeit alleine abändern könne.
Nach Abschluss dieses scheinbaren notariellen Erbvertrages verfasste der Mann ein handschriftliches Testament, in dem er seine Ehefrau mit Vermächtnissen bedachte und als Alleinerbin eine Stiftung einsetzte.
In der erbrechtlichen Auseinandersetzung vor Gericht hat das Oberlandesgericht Hamm festgestellt, dass zwar die notarielle Urkunde von einem Erbvertrag spricht, in der Einsetzung der jeweiligen Alleinerbenstellung unter Abänderungsvorbehalt mit der Möglichkeit, dass jeder Ehegatte alleine die zuvor festgesetzte Regelung abändern kann, keine erbvertragliche Verfügung zu sehen ist. Aufgrund des Fehlens einer erbvertraglichen Regelung, die das Gesetz zwingend vorsieht, handelt es sich dabei also nicht um einen Erbvertrag, sondern um ein Ehegattentestament mit einem darin enthaltenen alleinigen Änderungsvorbehalt, der es jedem Ehegatten ermöglicht, das Testament einseitig abändern zu können. Aus diesem Grund war es dem Ehemann möglich, nach Abschluss des vermeintlichen Erbvertrages, alleine neu zu testieren. Das Testament des Ehemannes war wirksam, so dass die Ehefrau von der Erbfolge ausgeschlossen war und ihr lediglich Vermächtnisse zustanden.
OLG Hamm, Az.: 15 W 479/19, Beschluss vom 01.04.2020, eingestellt am 15.09.2020