Zur aktuellen Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Bemessung des Erwerbstätigenbonus
In der unterhaltsrechtlichen Anspruchsberechnung reduziert sich das Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen und des Unterhaltsberechtigten in der Regel um ein Siebtel durch die Berücksichtigung des sogenannten Erwerbstätigenbonus. Der Erwerbstätigenbonus stellt einen Arbeitsanreiz dar und soll den Unterhaltspflichtigen und auch Berechtigten, der einer Erwerbstätigkeit nachgeht, einen Anteil des Erwerbseinkommens sichern, dass dann nicht zur Unterhaltsberechnung unter dem Gesichtspunkt des Halbteilungsgrundsatzes herangezogen wird. Eine Rechtsgrundlage für den Erwerbstätigenbonus gibt es nicht, der Erwerbstätigenbonus ist aus der langjährigen Rechtsprechung des BGH entstanden. In der Literatur gibt es Kritik am sogenannten Erwerbstätigenbonus, da er zu einer Ungleichbehandlung in Familienkonstellationen führt, in denen ein Ehegatte arbeitet, während der andere Ehegatte sich um die Kinder kümmert. Dies führt zu einer Bevorzugung des erwerbstätigen Ehepartners. Der Bundesgerichtshof weicht nicht von seiner Rechtsprechung zum Erwerbstätigenbonus ab, modifiziert sie allerdings dahingehend, dass er in der aktuellen Entscheidung entscheidet, dass ein Erwerbstätigenbonus dann geringer anzusetzen sei, wenn bereits mit der Berufsausübung Aufwendungen geltend gemacht werden, sei es pauschal mit 5 % oder aber konkret. Er spricht sich auch dahingehend aus, dass für den Erwerbstätigenbonus ein Zehntel vom unterhaltsrelevanten Einkommen abgezogen werden könne, so sehen es die süddeutschen Leitlinien vor, statt des Abzugs von einem Siebtel, so wie es in anderen Oberlandesgerichtsbezirken der Fall ist. Auch das Oberlandesgericht Düsseldorf, bekannt durch die sogenannte Düsseldorfer Tabelle, geht in seinen Leitlinien von einem Erwerbstätigenbonus von einem Siebtel aus.
In der aktuellen Entscheidung billigt der Bundesgerichtshof einen Abzug eines geringeren Erwerbstätigenbonus, wenn bereits vorweg schon berufsbedingte Aufwendungen in der Kalkulation abgezogen worden sind. In einem solchen Fall ist der Bundesgerichtshof der Ansicht, dass auch ein Zehntel, so wie es die süddeutschen Leitlinien vorsehen, für die Erwerbstätigkeit in Abzug gebracht werden kann.
Praxishinweis:Aus der nun vorliegenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergibt sich die Frage, ob nun nur noch ein Zehntel als Erwerbstätigenbonus abzuziehen ist, unter Berücksichtigung von weiteren berufsbedingten Aufwendungen oder ob es bei der Berechnung von separaten berufsbedingten Aufwendungen und einem Erwerbstätigenbonus von einem Siebtel bleibt. Im Einzelfall ist dies dem tatrichterlichen Ermessen zu überlassen. Eine absolute Klarheit gibt der Beschluss nicht.
BGH, Az.: XII ZB 3/19, Beschluss vom 13.11.2019, eingestellt am 31.01.2020