Zur Frage, ob die Europäische Menschenrechtskonvention auch das postmortale Fortpflanzungsrecht gewährt
Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der nicht mit dem Europäischen Gerichtshof der Europäischen Union zu verwechseln ist, wurde der Antrag einer Französin, Dominque Petithory-Lanzmann, behandelt, die das Sperma ihres verstorbenen Sohnes nutzen wollte, um hiermit ein Enkelkind im Rahmen einer Leihmutterschaft im Ausland zeugen lassen zu können. In dem Verfahren trug sie vor, dass sie nach Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), der das Recht auf Achtung des Privatlebens und des Familienlebens schützt, sowohl direkt als auch indirekt in ihren Grundrechten verletzt worden sei. Die direkte Verletzung würde dahingehend erfolgen, dass das Verbot der Nutzung des Spermas ihres vorverstorbenen Sohnes zur Zeugung eines Enkelkindes sie in ihrem Recht auf Großmutterschaft verletzen würde. Zum anderen würde das Recht des Sohnes verletzt werden, auch über den Tod hinaus Vater werden zu können. Der vorverstorbene Sohn von Frau Petithory-Lanzmann war im Jahr 2017 an einem Hirntumor verstorben. Vor seinem Tod hatte er Sperma konservieren lassen und den Wunsch geäußert, Vater werden zu wollen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrecht hob in seiner Entscheidung, in der er den Antrag der Antragstellerin ablehnte, hervor, dass das Recht, Vater werden zu wollen, ein höchstpersönliches Recht ist, das nicht übertragen werden kann. Darüber hinaus führt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte aus, dass Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht das Recht auf Großelternschaft begründet.

Aus diesen Gründen wurde die Klage von Frau Petithory-Lanzmann vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte abgewiesen.
EGMR, Az.: 23038/19, Entscheidung vom 07.01.2020, eingestellt am 21.02.2020