Zur Anwendung der Rom III-Verordnung auf die Ehescheidung libanesischer Staatsangehöriger in Deutschland
Dem Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Beteiligten sind libanesische Staatsangehörige und haben 2012 im Libanon die Ehe miteinander geschlossen. Die Ehegatten sind mit ihren beiden Kindern Ende 2015 nach Deutschland gereist und haben hier Asylanträge gestellt. Diese Asylanträge sind im Anschluss rechtskräftig abgewiesen worden, sodass die Frau einen erneuten Asylantrag stellte. Aufgrund von Vorwürfen sexueller Misshandlung reichte die Ehefrau in Deutschland die Ehescheidung ein.
Das Amtsgericht lehnte den Antrag auf Ehescheidung zunächst ab, da es davon ausging, dass libanesisches Recht auf die Ehescheidung Anwendung finden würde. Hiergegen wandte sich die Ehefrau mit ihrer Beschwerde an das Oberlandesgericht und das Oberlandesgericht Hamm ließ den Antrag auf Ehescheidung zu. Das Gericht führt aus, dass die Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, da sie keine Ausreiseabsicht kundgetan haben. Für den gewöhnlichen Aufenthalt ist es erforderlich, dass jemand seinen Lebensmittelpunkt im Aufenthaltsstaat begründet hat. Nach herrschender Rechtsauffassung, von der das OLG Hamm in seiner Entscheidung abweicht, ohne dies näher zu begründen, können Asylberechtigte, deren Asylantrag abgelehnt wurde, keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Aufenthaltsland begründen. Aus diesem Grund ist die Entscheidung des OLG Hamm ein Novum für die Begründung des gewöhnlichen Aufenthalts für Asylsuchende.
Da das OLG Hamm den gewöhnlichen Aufenthalt der Eheleute in Deutschland anerkennt, kommt es über die Brüssel IIa-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000) zu dem Ergebnis, dass deutsche Gerichte für die Ehescheidung zuständig sind. Darüber hinaus geht das OLG Hamm weiter davon aus, dass auf die Ehescheidung deutsches Recht Anwendung findet, da die Ehegatten keine Rechtswahl nach Art. 8 Rom III-Verordnung (VERORDNUNG (EU) Nr. 1259/2010 DES RATES vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts) getroffen haben und deshalb das Recht des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts nach Art. 8a Rom III-Verordnung Anwendung findet. Da der gewöhnliche Aufenthalt nach Auffassung des OLG Hamm entgegen bisheriger anders lautender Rechtsprechung sich für die Beteiligten dann in Deutschland befindet, ist auch im Rahmen der Rom III-Verordnung deutsches Recht auf die Ehescheidung anwendbar. Aus diesem Grund lässt das OLG Hamm die Ehescheidung der Ehegatten zu, verweist aber auf die Tatsache, dass das libanesische Recht den Versorgungsausgleich nicht kennt, weshalb der Versorgungsausgleich nach Art. 17 Abs. 4 S. 1 EGBGB nicht zur Anwendung kommt.
OLG Hamm, Beschluss vom 26.04.2019, Az.: 7 UF 181/18, eingestellt am 28.02.2021