Flugreisen sind in Zeiten von Corona keine Angelegenheit des Alltags
Leben Kindeseltern voneinander getrennt und haben beide die gemeinsame elterliche Sorge, so kann bei Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes ein Elternteil allein entscheiden. Bei Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung für das Kind, haben die Eltern eine gemeinsame Entscheidung zu treffen. Treffen sie diese nicht, so kann auf Antrag die Entscheidung durch das Gericht erfolgen oder das Gericht kann nach § 1628 BGB die Entscheidung für die Angelegenheit auf ein Elternteil übertragen.

Vor dem Oberlandesgericht Braunschweig ging es in einer aktuellen Entscheidung darum, ob eine Flugreise in der Zeit der Corona-Pandemie eine Entscheidung des täglichen Lebens darstellt, oder ob es sich hierbei vielmehr um eine Entscheidung von erheblicher Bedeutung handelt, sodass beide Eltern der Flugreise zustimmen müssen. Im zugrunde liegenden Fall hatte die Kindesmutter eine Flugreise in den Sommerferien nach Mallorca mit den beiden Kindern geplant und die Flüge gebucht. Hiergegen wandte sich der Kindesvater.

In der Vergangenheit waren Flugreisen ins europäische Ausland als Angelegenheiten des täglichen Lebens angesehen worden, sodass ein Elternteil den anderen Elternteil nicht um Genehmigung für die Reise bitten musste.

Das Oberlandesgericht Braunschweig führt in der aktuellen Entscheidung jedoch aus, dass aufgrund der Corona-Pandemie bei Flugreisen damit zu rechnen sei, dass es zu Quarantänezeiten vor Ort oder nach Urlaubsrückkehr kommen kann, je nachdem, ob eine Reisewarnung für das Land ausgesprochen wird, gegebenenfalls auch während des Urlaubs. Aus diesem Grund kann eine Quarantäne und das Festsitzen im Ausland dazu führen, dass eine Kindeswohlgefährdung vorliegt, weshalb beide Eltern über die Flugreise zu entscheiden haben. Wird keine Einigung diesbezüglich erzielt, kann die Entscheidungsbefugnis auf ein Elternteil übertragen werden, § 1628 BGB.

Das Gericht führte hinsichtlich der Flugreise aus, dass eine Abwägung vorzunehmen ist, welche Vorteile die Reise für die Kindeswohlentwicklung hat und welche Nachteile mit der durchzuführenden Reise möglicherweise verbunden wären. Aktuelle Reisewarnungen, die das Auswärtige Amt ausspricht, oder die bei Reiseantritt schon vorliegen, sind bei der Beurteilung der Frage des Risikos des Kindeswohls zu berücksichtigen und einzubeziehen.
OLG Braunschweig, Az.: 2 UF 88/20, Beschluss vom 30.07.2020, eingestellt am 08.09.2020