Zur Frage der Auflösung von Versorgungsanwartschaften nach der Trennung
Der Versorgungsausgleich dient dem Ausgleich der Rentenanwartschaften oder Pensionsanwartschaften, die die Ehegatten während der Ehezeit erwirtschaftet haben. Hierfür findet der sogenannte Halbteilungsgrundsatz Anwendung. Dies bedeutet, dass jeder Ehegatte die Hälfte der Anrechte des anderen Ehegatten im Prinzip erhalten soll.

Im Rahmen der Privatautonomie haben die Beteiligten die Möglichkeit, den Versorgungsausgleich ganz oder teilweise auszuschließen. Außerdem kann es zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs kommen, wenn ein solcher Ausgleich grob unbillig wäre. Daneben kennt das Gesetz noch Ausschlusskriterien wegen kurzer Ehedauer oder aber, weil die Versorgungsanwartschaft als gering anzusehen ist.

Vor dem Oberlandesgericht Nürnberg ging es in einer Beschwerde um die Frage, ob ein Anrecht, das einer der Beteiligten nach der Trennung, aber vor Ehescheidung aufgelöst hat, in den Versorgungsausgleich miteinzubeziehen sei. Das Oberlandesgericht Nürnberg führt sachlich richtig aus, dass im Versorgungsausgleich nur Anrechte ausgeglichen werden, die zum Zeitpunkt der Durchführung des Versorgungsausgleichs tatsächlich bestehen. Werden andere Anwartschaften vorher aufgelöst, so können diese nicht in den Versorgungsausgleich mit einbezogen werden. Es kann sich aber nach § 27 VersAusglG die Frage stellen, ob dann die Durchführung des Versorgungsausgleichs ganz oder zum Teil eine unbillige Härte darstellen würde, weil beispielsweise ein Ehegatte benachteiligt wird, da er nicht vollständig an den Anwartschaften des anderen partizipieren würde. In diesem Zusammenhang hat das Oberlandesgericht Nürnberg dargestellt, dass dies nur dann der Fall sein kann, wenn das Anwartschaftsrecht nicht als geringwertig nach § 18 VersAusglG angesehen werden kann. Geringwertig sind immer dann Anwartschaftsrechte, wenn der Kapitalwert kleiner ist als 120 % der pro Monat geltenden Bezugsgröße nach dem 4. Sozialgesetzbuch, § 181.
OLG Nürnberg, Az.: 9 UF 812/20, Beschluss vom 19.05.2021, eingestellt am 22.08.2021