Zum Haager Kindschaftsübereinkommen hinsichtlich von Kindesentführungen ins Ausland
Haben Eltern für gemeinsame Kinder die gemeinsame Sorge und möchte ein Elternteil mit den Kindern ins Ausland umziehen oder für eine gewisse Dauer dort leben, so bedarf dieser Elternteil hierfür der Zustimmung des anderen mitsorgeberechtigten Elternteils. Zieht ein Elternteil dann ohne eine solche Zustimmungserklärung mit dem gemeinsame Kind oder den gemeinsamen Kindern ins Ausland, so kann hierin eine Kindesentführung nach dem Haager Kindschaftsübereinkommen vom 25.10.2018 (HKÜ) über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung gesehen werden.

Ob eine Kindesentführung vorliegt, richtet sich nach dem Recht des Staates, in dem die Kinder zuvor ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten. Der gewöhnliche Aufenthalt bestimmt sich nach dem Lebensmittelpunkt der Kinder.

Ob die Verbringung der Kinder in den anderen Staat widerrechtlich war, Art. 3 HKÜ, wird ebenfalls anhand des Rechts des Vertragsstaates festgestellt, in dem die Kinder den gewöhnlichen Aufenthalt hatten.

Daraus ergibt sich, dass das Gericht, das den widerrechtlichen Aufenthalt im Aufenthaltsstaat festzustellen hat, sich dann mit dem Recht eines anderen Staates befassen muss. Um hier eine rechtliche Erleichterung im internationalen Rechtsverkehr erzielen zu können, sieht das HKÜ vor, dass das Gericht des vormaligen Aufenthaltsstaates der Kinder eine Widerrechtlichkeitsbescheinigung erstellen kann. Im Rahmen der Widerrechtlichkeitsbescheinigung wird geprüft, ob die Verbringung der Kinder ins Ausland widerrechtlich war nach dem Recht des Herkunftsstaates.

In dem Verfahren vor dem Kammergericht, in dem hierüber verhandelt wurde, ging es um die Fragestellung, ob die Mutter, die mit beiden Kindern nach Russland ohne den Willen des Vaters verzogen ist, gegen das HKÜ verstoßen hat. Das Kammergericht stellte in seinem Beschluss fest, dass ein Verstoß gegen Art. 3 HKÜ vorlag, da die Zustimmung der Verbringung der Kinder zum dauerhaften Wohnen in Russland durch den mitsorgeberechtigten Vater nicht gegeben war.

Praxishinweis:
Wichtig in solchen Konstellationen ist es, dass für eine Kindschaftsentführung und die Feststellung der Beeinträchtigung der Sorge tatsächlich der beeinträchtigende Elternteil sorgeberechtigt ist. Nach dem HKÜ reicht die Mitsorgeberechtigung aus.
KG, Az.: 16 UF 40/21, Beschluss vom 04.06.2021, eingestellt am 08.11.2021