Artikel 8 Europäische Menschenrechtskonvention, Leihmutterschaft und Begründung einer rechtlichen Elternstellung der sozialen Mutter
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrecht (EGMR) hatte sich in einer Beschwerde erneut mit der Fragestellung der Leihmutterschaft auseinanderzusetzen. In dem vorliegenden Fall hatten Ehegatten aus Dänemark einen Vertrag mit einer Leihmutter in der Ukraine auf kommerzielle Leihmutterschaft abgeschlossen.
Die der Leihmutter implantierte Zelle wurde mit Spermien des Ehemannes befruchtet. Hieraus sind zwei Kinder hervorgegangen. In der Ukraine wurden die dänischen Eheleute als Eltern der Kinder in die Geburtsdokumente eingetragen. Die Anerkennung der Rechtsstellung der Ehefrau als Mutter der Kinder wurde in Dänemark jedoch nicht akzeptiert. Auch die Adoption der Kinder durch die Ehefrau wurde in Dänemark versagt, da die Leihmutterschaft kommerzieller Natur gewesen ist und eine Adoption in Dänemark nicht erfolgen kann, wenn der biologischen Mutter Geld für die Adoption geboten wird. Für die Ehefrau bedeutete dies, dass sie nur das Sorgerecht für die Kinder in Dänemark erlangen konnte.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte setzt sich in der Entscheidung mit Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten) auseinander und stellt im Ergebnis fest, dass das national gewährte Sorgerecht in Dänemark mit dem Einhergehen des Adoptionsverbotes im Rahmen der Leihmutterschaft mit dem Kindeswohl nicht vereinbart werden kann, wenn nach nationalen Vorschriften im Hinblick auf Artikel 8 EMRK es den Kindern verwehrt wird, eine rechtliche und nicht nur soziale Eltern-Kind-Beziehung mit der sozialen Mutter zu begründen. Aus diesem Grund stellt es einen Verstoß gegen Artikel 8 EMRK dar, wenn ein Mitgliedsstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention es den Kindern nicht ermöglicht, eine gesicherte rechtliche Eltern-Kind-Beziehung mit den sozialen Eltern herzustellen, wenn die Kinder aus einer Leihmutterschaft entstanden sind.
EGMR, Beschwerde-Nr.: 25212/21, Urteil vom 06.12.2022, eingestellt am 21.07.2023