Grundrecht auf rechtliches Gehör und Beweisantritt nach Art. 103 GG
Das Grundrecht auf rechtliches Gehör im prozessualen Verfahren vor Gericht ist eines der wesentlichen Verfahrensgrundrechte im deutschen Recht. Wird dieses rechtliche Gehör nicht gewährt, so liegt ein Grundrechtsverstoß vor.
Der Bundesgerichtshof hatte in einer aktuellen Entscheidung darüber zu urteilen, inwieweit auch Beweismittel, die vom Tatrichter zurückgewiesen, da er diese als unerheblich erachtet, einen Grundrechtsverstoß darstellen. Der Bundesgerichtshof führt aus, dass dem Tatrichter nur in Ausnahmefällen die Zurückweisung eines Beweismittels gestattet ist, wenn er davon ausgeht, dass dieses ungeeignet sei, den Sachverhalt näher aufzuklären oder er davon ausgeht, dass die benannten Zeugen ungeeignet sind, Zeugenaussagen hinsichtlich des Sachverhalts treffen zu können. Der Zeugenbeweis ist ein wesentliches Beweismittel im prozessualen Verfahren. Der Tatrichter kann den Zeugenbeweis nur dann zurückweisen, wenn es sich um eine Zeugenbenennung „ins Blaue hinein“ handelt, oder aufs Geratewohl ein Zeuge benannt wird. Ob ein Zeuge in der Lage war, einen Sachverhalt wahrnehmen zu können, hat die Zeugenvernehmung zu ergeben. Kommt der Richter, bevor ein Zeuge überhaupt vernommen worden ist, zu dem Schluss, dass eine solche Zeugenvernehmung unerheblich sei, kann darin eine Verletzung des Grundrechts aufs rechtliche Gehör gesehen werden, da der Richter schon ein Beweisergebnis vorwegnimmt, bevor der Beweis erhoben wurde, was unzulässig ist.
Als weiteres Kriterium ist aufzuführen, dass die Gehörsverletzung dann auch entscheidungserheblich sein muss, kann der Zeuge also ein Vorbringen belegen, was für die Entscheidung von Relevanz ist, so ist der Zeuge zu vernehmen.
Bundesgerichtshof, Az.: II ZR 152/19, Beschluss vom 12.05.2021, eingestellt am 15.08.2021