Zur Bedarfsdeckung durch Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Trennungsjahr
Im Anschluss an die Trennung von Ehegatten beginnt das sogenannte Trennungsjahr. Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang häufig stellt, ist ob eine Erwerbsobliegenheit für den unterhaltsberechtigten Ehegatten besteht oder nicht.

Es ist gefestigte Rechtsprechung, dass im Trennungsjahr der unterhaltsberechtigte Ehegatte regelmäßig keine Erwerbsobliegen hat, das heißt, er muss, wenn er vorher nicht gearbeitet hat, keiner Erwerbstätigkeit nachgehen oder wenn eine Teilzeitbeschäftigung stattgefunden hat, muss keine Aufstockung in eine Vollzeittätigkeit vorgenommen werden. Etwas anderes gilt, wenn das Trennungsjahr abgelaufen ist. Das bedeutet, dass im Anschluss an das Trennungsjahr die Erwerbsobliegenheit besteht, eine Teilzeitbeschäftigung in eine Vollzeitbeschäftigung umzuwandeln. Wenn dies nicht getan wird, kann sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte fiktiven Einkünften ausgesetzt sehen. Die bedeutet, dass angenommen wird, was der Trennungsunterhaltsberechtigte bei einer Vollzeitbeschäftigung verdienen würde und dies wird in der Unterhaltsberechnung dann in Ansatz gebracht.

Werden Kinder betreut, so ist die Erwerbsobliegenheit bei der Bemessung des Trennungsunterhalts nur insoweit zu berücksichtigen, wie diese auch beim nachehelichen Unterhalt nach § 1570 BGB bestehen würde, vgl. BGH FamRZ 2012, 1201.

Im Rahmen des nachehelichen Unterhalts trifft den betreuenden Elternteil nach Ablauf von drei Jahren nach der Geburt des Kindes die Obliegenheit, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Etwas anderes kann vorliegen, wenn kindesbezogene Gründe vorliegen, die es dem Elternteil nicht ermöglicht, vollständig zu arbeiten, da die Betreuung des Kindes dies erfordert.

Das Oberlandesgericht Bremen hat in einer Entscheidung ausgeführt, dass dem betreuenden Elternteil jedoch hinsichtlich seiner Beschäftigung ein gewisses Maß an Spielraum belassen werden muss, damit Arztbesuche, Einkäufe, Hausarbeiten oder Behördengänge auch bei einer Ganztagsbetreuung eines Kindes unter Umständen eine vollschichtige Erwerbsobliegenheit des Elternteils nicht begründen.
OLG Bremen, Az.: 4 UF 1/23, Beschluss vom 07.07.2023, eingestellt am 07.02.2024