Kindergeld für ein volljähriges behindertes Kind
Das Finanzamt Rheinland-Pfalz hat der Klage eines Vaters auf Gewährung von Kindergeld für seinen erwachsenen behinderten Sohn stattgegeben. Das Gericht hat entschieden, dass die Erwerbsfähigkeit des volljährigen Kindes anhand der Stellungnahme der behandelnden Ärzte beurteilt werden kann, auch wenn diese im Gegensatz zum Gutachten der Familienkasse/Reha/SB-Stelle der Agentur für Arbeit steht, wenn es nachvollziehbar und schlüssig ist.

Der Sohn des Klägers leidet schon seit der Kindheit an einer chronischen depressiven Störung. Das Amt für soziale Angelegenheiten stellte wiederholt eine Schwerbehinderung fest und der Kläger erhielt fortlaufend Kindergeld. Im Jahr 2016 wurde das Kind des Klägers vom ärztlichen/psychologischen Dienst der Agentur für Arbeit begutachtet. Das Ergebnis war, dass der Sohn des Klägers nicht in der Lage sei, mindestens 15 Stunden wöchentlich einer arbeitslosen- versicherungspflichtigen Tätigkeit nachzugehen. Die Erwerbsfähigkeit solle aber nach einen Jahr einer erneuten Prüfung unterzogen werden. Daher wurde die Festsetzung des Kindergeldes bis Juli 2017 befristet.

Der Vater des volljährigen Kindes legte Klage im Juni 2017 ein und legte den Befund des behandelnden Arztes (Arzt für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie) vor. Ergebnis dieses Gutachtens war, dass der Sohn des Klägers zu 80 % schwerbehindert und nicht ausreichend erwerbsfähig sei. Dennoch lehnte die Familienkasse die Bewilligung von Kindergeld ab mit der Begründung, dass das Gutachten der Reha/SB-Stelle der Agentur für Arbeit zu dem Ergebnis kam, der Sohn des Klägers sei in ausreichendem Maße erwerbsfähig. Der Einspruch des Klägers wurde als unbegründet zurückgewiesen und die Familienkasse sah sich an die Stellungnahme der Reha/SB-Stelle gebunden.

Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz wertete das Gutachten der Reha/SB-Stelle als Parteigutachten, da es ein von der Familienkasse beigebrachtes Gutachten sei, nämlich von einer Prozesspartei. Die Aussagen des Gutachtens, das der Kläger vorlegte, seien hingegen schlüssig und nachvollziehbar und würden zu den früheren Befundberichten passen.
Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil Az. 2 K 1851/18 vom 6. Mai 2020, eingestellt am 15.06.2020