Zur Brüssel IIb-Verordnung und Ihrer Auswirkung auf Privatscheidungen
Seit dem Inkrafttreten der neuen Brüssel IIb-VO, Verordnung (EU) 2019/1111 des Rates vom 25.06.2019 über die Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und über internationale Kindesentführung (Brüssel IIb-VO), wurde die sogenannte Brüssel IIa-VO, Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 DES RATES vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 neu abgefasst.
Die Brüssel II b-VO ist ab dem 01.08.2022 für alle Entscheidungen maßgeblich, die nach dem 01.08.2022 getroffen wurden. Für alle weiteren gilt weiterhin die Brüssel IIa-VO, Artikel 104, Abs. 1 Brüssel II b-VO i. V. m. Artikel 100, Abs. 2, Brüssel IIb-VO.
Der Europäische Gerichtshof hat bereits festgestellt, dass die Entscheidungen, die für die Brüssel IIa-VO getroffen wurden auch auf die Brüssel IIb-VO anzuwenden sind, es sei denn, dass die Brüssel IIb-VO andere Regelungstatbestände enthält.
Für Ehesachen bietet die Brüssel IIb-VO im Verhältnis zum deutschen Recht die Besonderheit, dass auch Privatscheidungen durchgeführt werden können, wenn der jeweilige Mitgliedsstaat diese privaten Scheidungen auf seinem Rechtsgebiet zulässt und zuständig ist, so dass in einer solchen Vereinbarung nach Art. 64 ff. eine Privatscheidung möglich ist.
Eine solche Privatscheidung wäre dann auch nach deutschem Recht durch ein deutsches Gericht anzuerkennen, da die Verordnung unmittelbare Rechtswirkungen in Deutschland entfaltet und ein Verstoß gegen den deutschen ordre public darin nicht gesehen werden kann.
Dr. Christian Kasten, eingestellt am 22.08.2023