Zur Frage, ob dem Sozialhilfeträger ein Herausgabeanspruch gegen den Schenker wegen Verarmung zusteht
Der Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) befasst sich mit der Bemessung des angemessenen Unterhalts eines Beschenkten gemäß § 529 II BGB. Der BGH stellt klar, dass die Einkommensgrenze von 100.000 EUR pro Jahr gemäß § 94 Ia SGB XII für den Übergang von Unterhaltsansprüchen auf Sozialhilfeträger keine Bedeutung bei der Bemessung des Unterhalts im Rahmen des Schenkungsrechts hat. Gemäß § 529 II BGB ist der Anspruch auf Herausgabe eines Geschenks ausgeschlossen, wenn der Beschenkte das Geschenk nicht herausgeben kann, ohne seinen standesgemäßen Unterhalt zu gefährden. Der BGH setzt den Begriff des "standesgemäßen Unterhalts" mit dem des "angemessenen Unterhalts" gleich und zieht familienrechtliche Maßstäbe heran, insbesondere die Grundsätze zur Unterhaltspflicht gegenüber Eltern (§ 1603 I und § 1610 I BGB). Diese Maßstäbe werden auch dann angewendet, wenn zwischen Schenker und Beschenktem keine direkte Unterhaltspflicht besteht.

Die Regelung in § 94 Ia SGB XII, die einen Ausschluss des Übergangs von Unterhaltsansprüchen auf Sozialhilfeträger bei einem Einkommen von bis zu 100.000 EUR vorsieht, bezieht sich nur auf den gesetzlichen Übergang von Unterhaltsansprüchen und nicht auf die Überleitung anderer Ansprüche. Der BGH sieht keine planwidrige Lücke in den Regelungen der §§ 93 und 94 SGB XII und lehnt eine analoge Anwendung dieser Grenze auf Ansprüche aus § 528 I BGB ab.

Das Angehörigen-Entlastungsgesetz hat Diskussionen über den Selbstbehalt ausgelöst, jedoch sieht der BGH keine Notwendigkeit, diese sozialhilferechtlichen Regelungen auf das Schenkungsrecht zu übertragen. In der Düsseldorfer Tabelle wird seit 2021 für den Selbstbehalt gegenüber Eltern nur noch ein "angemessener" Betrag vorgesehen. Die Leitlinien der Oberlandesgerichte variieren hierbei; einige geben weiterhin Sockelbeträge an.

Insgesamt verdeutlicht der BGH, dass die Einkommensgrenze von 100.000 EUR aus § 94 Ia SGB XII keine Relevanz für die Bemessung des angemessenen Unterhalts im Rahmen von § 529 II BGB hat. Die Entscheidung betont die Anwendung familienrechtlicher Maßstäbe und lehnt eine Übertragung sozialhilferechtlicher Wertungen auf das Schenkungsrecht ab.
BGH, Az.: X ZR 14/23, Beschluss vom 16.04.2024