Zur Frage der Intersexualität und der Änderung der Geschlechtsangaben in der Geburtsurkunde
Wenn ein Kind auf die Welt kommt, ist dessen Geschlecht im Geburtsregister einzutragen. Die Geschlechtsangabe hat mit „männlich“, „weiblich“ oder wenn es nicht möglich ist, das Geschlecht des Kindes dem männlichen oder dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen, mit der Angabe „divers“ eingetragen zu werden, § 22 Personenstandsgesetz (PStG).

Vor dem Bundesgerichtshof ging es in einer aktuellen Entscheidung darum, ob eine Person, die sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht hingezogen fühlt, eine Änderung der Eintragung nach § 45b PStG i.V.m. § 22 PStG erwirken kann.

Der Bundesgerichtshof kommt in der Entscheidung zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Regelung der Eintragung nach § 22 PStG um die Fälle handelt, in denen sich das Geschlecht tatsächlich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lässt. Die antragstellende Person war allerdings medizinisch dem weiblichen Geschlecht zuzuordnen und es konnte medizinisch eben nicht festgestellt werden, dass eine Zuordnung zum männlichen oder weiblichen Geschlecht nicht möglich ist. Der BGH führt aus, dass aus der Gesetzesbegründung und Entwicklung des Gesetzes aber gerade die medizinische Indikation notwendig sei. Die beantragende Person trug aber vor, dass sie sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig empfinde. Der BGH bezeichnet dies als „empfundene Intersexualität“ und führt aus, dass hierfür gerade das Personenstandsgesetz nicht die Möglichkeit bietet, Änderungen im Geburtsregister herbeizuführen. In der Entscheidung führt der BGH aber auch aus, dass die entsprechende Rechtsgrundlage bei einer empfundenen Intersexualität § 8 Abs. 1 des Gesetzes über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen (Transsexuellengesetz – TSG) ist, wenn die Voraussetzungen des § 8 TSG vorliegen. Liegen die Voraussetzungen der Norm vor, kann auf Antrag beim Gericht erreicht werden, dass die Kategorisierung von weiblich oder männlich im Geburtenregister gestrichen wird und durch den Eintrag „divers“ ersetzt wird.
BGH, Az. XII ZB 383/19, Beschluss vom 22.04.2020, eingestellt am 21.08.2020