Zur Erwerbsobliegenheit und Berufung auf Leistungsminderung nach § 242 BGB
Im Kindesunterhaltsrecht hat derjenige, der das Kind betreut, Anspruch auf Barunterhalt von demjenigen, der das Kind nicht betreut. Dieser ist barunterhaltspflichtig, während der andere das Kind durch Pflege und Erziehung betreut.

Für die Frage, ob ein Unterhaltspflichtiger vermindert oder nicht leistungsfähig ist, bedarf es der Prüfung des Einzelfalls.

Vor dem OLG Hamm hat sich ein Unterhaltspflichtiger darauf berufen, dass er aufgrund des Verlustes des Arbeitsplatzes nur vermindert leistungsfähig nach § 242 BGB ist. Die Verminderung der Leistungsfähigkeit ist dadurch eingetreten, dass ihm seitens des Arbeitgebers gekündigt wurde, er aber die Kündigung nicht schuldhaft herbeigeführt hat. Den Unterhaltspflichtigen trifft dann auch keine Obliegenheitsverletzung, wenn im Anschluss an die Kündigung eine Arbeitsstelle angenommen wird, die zwar ein geringeres Einkommen erzielt als die vorherige Arbeitsstelle, wenn dies unter der Berücksichtigung der Qualifikation und der persönlichen Verhältnisse des Unterhaltspflichtigen als tatsächlich zu erzielendes Einkommen anzusetzen ist. Für einen solchen Fall kann dann eine Minderung der Zahlungsverpflichtung im Rahmen des Kindesunterhalts in Betracht kommen.

Gleichzeitig unterstreicht das OLG Hamm in der Entscheidung, dass den unterhaltsberechtigten Elternteil bei einem 15-jährigen Kind die Obliegenheit trifft, eine Vollzeittätigkeit auszuüben. Dies bedeutet, dass man sich bei Kindern, die dieses Alter erreicht haben, nicht darauf berufen kann, dass man sich um diese Kinder zu kümmern hat und aus diesem Grund keine Vollzeittätigkeit ausgeübt werden kann.

Praxishinweis:Die Fallgestaltung zeigt, dass es jeweils einer Einzelfallbetrachtung in der Kindesunterhaltsberechnung bedarf. Interessant ist jedoch, dass das OLG Hamm davon ausgeht, dass Mütter von Kindern mit 15 Jahren grundsätzlich Vollzeit arbeiten müssen.
OLG Hamm, Az.: 5 UF 44/22, Beschluss vom 16.09.2022, eingestellt am 08.05.2023