Familienleistungen, die im EU-Ausland nicht beantragt wurden, sind dennoch auf das Kindergeld nach deutschem Recht anzurechnen
Vor dem Bundesfinanzhof ging es in einem aktuellen Verfahren um die Fragestellung, ob Familienleistungen, die im EU-Ausland zu erzielen sind, auf das deutsche Kindergeld anzurechnen sind, selbst wenn sie im Ausland nicht beantragt wurden.
Der Bundesfinanzhof führt in seiner aktuellen Rechtsprechung aus, dass auch nicht beantragte Familienleistungen dann auf das deutsche Kindergeld anzurechnen sind, wenn sie vor Ort im EU-Ausland nicht beantragt wurden und die Kindergeldkasse als Träger des Kindergelds in Deutschland nicht über den Wegzug ins Ausland benachrichtigt wurde. Die Europäische Verordnung Nr. 883/2004 regelt in § 68, welcher Mitgliedsstaat vorrangig in Anspruch zu nehmen ist. Dies ist regelmäßig der Staat, in dem der betreffende Anspruchsberechtigte einer Arbeit nachgeht. Nachrangig ist der Staat, in dem er zwar nicht arbeitet, aber wohnt.
Der Bundesfinanzhof führt in seiner Entscheidung aus, dass auch in Fällen, in denen ein Auslandsbezug vorliegt, ohne dass der Träger der Leistung, wie hier die Kindergeldkasse Kenntnis davon hat, Art. 68 der Verordnung Nr. 883/2004 Anwendung findet. Hieraus ergibt sich die Fiktionswirkung der Anrechnung der geleisteten Beträge. Das bedeutet, die Anrechnung findet auch dann statt, wenn keine Kenntnis über den Auslandsbezug gegeben ist. Aus diesem Grund hat die Familienkasse das Recht, Leistungen des Kindergeldes nach deutschem Recht auf den Anspruch nach Familienleistungen nach niederländischem Recht zu koordinieren und anzurechnen, selbst wenn die Niederlande wegen der Arbeitstätigkeit des Beziehers des Kindergeldes vorrangig für Familienleistungen zuständig gewesen wäre.
Bundesfinanzhof, Az. III R 73/18, Urteil vom 09.12.2020, eingestellt am 22.06.2021