Zur Unwirksamkeit des Ausschlusses des Versorgungsausgleichs
Im Rahmen von Eheverträgen können die Beteiligten auch Regelungen zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs oder eines Teils des Versorgungsausgleichs und damit von Rentenanwartschaften für die Altersvorsorge treffen.

Wie jeder Ehevertrag unterliegt auch ein solcher Vertrag über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs der gerichtlichen Inhalts- und Ausübungskontrolle. Mit der Inhalts- und Ausübungskontrolle prüft das Gericht, welche Situation die Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung oder Vertragsschließung veranlasst hat, eine entsprechende Regelung zu treffen, ob eine Imparität – also ein Ungleichgewicht – zwischen den Parteien bestanden hat, als es zur Vertragsgestaltung kam, ob sogenannte Kernbereiche des Familienrechts, wie das Unterhaltsrecht oder aber auch der Versorgungsausgleich betroffen sind und im Rahmen der Ausübungskontrolle werden die Verhältnisse der Ehegatten zum Zeitpunkt des Scheiterns der ehelichen Lebensgemeinschaft betrachtet.

Bei dem Versorgungsausgleich, der in die Kernbereichslehre des Bundesgerichtshofs fällt, ist besonderes Augenmerk darauf zu richten, was die Ehegatten vereinbart haben und wie die wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses waren. Wenn eine Dominanz einer Seite beim Vertragsschluss vorgelegen hat und es zu keiner Kompensation für den Verzicht auf Ausgleichsansprüche gekommen ist, kann ein Vertrag sittenwidrig sein und damit unwirksam.

Das Oberlandesgericht Bremen hatte in einer Entscheidung über die Sittenwidrigkeit eines Ehevertrages im Hinblick des Versorgungsausgleichs zu prüfen, ob eine solche Situation gegeben war. Die Ehefrau, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses schwanger war, eine Angststörung hatte und auf die Ehe zur Absicherung angewiesen war, hatte auf den Versorgungsausgleich verzichtet. Kompensationszahlungen hat es dafür nicht gegeben, so dass es nicht zu einer Abmilderung des Verzichts gekommen ist. Das OLG Bremen hat deshalb eine subjektive Imparität für die Eheleute zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses angesehen, so dass der Versorgungsausgleich durchzuführen war.
OLG Bremen, Az.: 4 UF 76/21, Beschluss vom 10.10.2022, eingestellt am 01.06.2024