Vaterschaftsanfechtung aufgrund unterschiedlicher Hautfarbe der Kinder
Der Beschluss des Oberlandesgerichts Celle behandelt zentrale Aspekte der Vaterschaftsanfechtung und der damit verbundenen Verfahrensvoraussetzungen. Grundsätzlich reichen Gerüchte, Mutmaßungen oder ein bloßer Verdacht nicht aus, um den nach § 171 Abs. 2 Satz 2 FamFG erforderlichen Anfangsverdacht für eine Vaterschaftsanfechtung zu begründen. Dies gilt auch für eine angeblich fehlende Ähnlichkeit zwischen dem rechtlichen Vater und dem Kind oder Abweichungen bei der Hautfarbe. Der Senat führt aus, dass Laien ohne genetische Spezialkenntnisse die Vererbung der Hautfarbe nicht zuverlässig beurteilen können, da diese polygen – also durch das Zusammenwirken mehrerer Gene – vererbt wird. Bei polygenen Merkmalen kommt es zu einer Vermischung der Genwirkung, sodass kein eindeutiger Erbgang vorliegt. Selbst wenn ein Kind eine andere Hautfarbe als der rechtliche Vater oder die Mutter aufweist, lässt sich daraus allein kein sicherer Rückschluss auf eine fehlende biologische Vaterschaft ziehen.

Allein eine Abweichung im Hauttyp begründet – von seltenen Ausnahmefällen abgesehen – keinen Umstand, der die zweijährige Anfechtungsfrist nach § 1600b Abs. 1 BGB in Gang setzt. Die Frist beginnt erst mit der Kenntnis objektiver, naturwissenschaftlich fundierter Umstände, die Zweifel an der Vaterschaft rechtfertigen, wie z. B. einem DNA-Gutachten. Subjektive Einschätzungen oder laienhafte Schlussfolgerungen zur Vererbung reichen hierfür nicht aus.

Weiterhin weist der Beschluss auf verfahrensrechtliche Besonderheiten hin: Gemäß § 179 Abs. 2 FamFG muss die Vaterschaftsanfechtung für jedes Kind in einem gesonderten Verfahren erfolgen. Eine Entscheidung über die Abstammung mehrerer Geschwister in einem einheitlichen Verfahren ist unzulässig. Dies dient der Klarheit und Vermeidung von Konflikten bei unterschiedlichen Ergebnissen für einzelne Kinder.

Zusammenfassend betont das Gericht die hohen Anforderungen an den substantiierten Vortrag im Anfechtungsverfahren und die Bedeutung wissenschaftlicher Nachweise. Gleichzeitig unterstreicht es die Grenzen laienhafter Schlussfolgerungen bei komplexen genetischen Zusammenhängen und sichert durch verfahrensrechtliche Vorgaben die Rechtssicherheit in Abstammungssachen.
OLG Celle, Az.: 21 WF 178/23, Beschluss vom 16.12.2024, eingestellt am 14.05.2025