Zur Verwirkung des Elternunterhalts
Der Fall vor dem Oberlandesgericht Hamm behandelt die Verwirkung des Anspruchs auf rückständigen Elternunterhalt gemäß §§ 1601, 1605, 1611, 242 BGB sowie § 94 SGB XII.

Die Mutter des Antragsgegners (Ag.) lebt seit 2017 in einem Pflegeheim, und der Sozialhilfeträger (Ast.) fordert vom Ag. rückständigen Unterhalt für die ungedeckten Pflegekosten. Der Ag. verweigerte die Auskunft über seine Einkünfte und berief sich auf § 1611 BGB, da seine Mutter ihn in der Kindheit vernachlässigt und misshandelt habe. Zudem argumentierte er, der Anspruch sei nach § 242 BGB verwirkt. Das Amtsgericht (AG) Siegen wies den Auskunftsantrag mit der Begründung ab, der Unterhaltsanspruch sei nach § 1611 BGB verwirkt. Der Ag. hatte vorgetragen, dass seine Mutter ihn und seine Geschwister vernachlässigt und misshandelt habe, was zur Scheidung der Eltern führte. Zudem habe sie nie Unterhalt gezahlt, und er lebte seit seinem fünften Lebensjahr in einer Pflegefamilie. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hob die Entscheidung des AG auf und entschied zugunsten des Ast., da der Anspruch auf Auskunft nicht durch § 1611 BGB ausgeschlossen sei. Die Verwirkung eines Unterhaltsanspruchs könne nur geprüft werden, wenn die Einkünfte des Verpflichteten bekannt sind. Der Ag. hatte keine ausreichenden Beweise für die behaupteten Misshandlungen vorgelegt, und es war unklar, ob das Verhalten der Mutter auf ihre psychische Erkrankung zurückzuführen war. Außerdem sei der Anspruch auch nicht nach § 242 BGB verwirkt, da das bloße Unterlassen der Geltendmachung des Anspruchs keinen Vertrauenstatbestand schaffe.

Das OLG stellte fest, dass der Sozialhilfeträger einen Anspruch auf Auskunft gemäß § 1605 BGB hat, da dieser mit dem Übergang des Unterhaltsanspruchs auf den Ast. übergegangen ist (§ 94 SGB XII). Der Ag. ist verpflichtet, Auskunft über seine Einkünfte zu erteilen, auch wenn der Ast. bereits Informationen vom Finanzamt eingeholt hatte. Zusammenfassend entschied das OLG Hamm, dass der Ag. zur Auskunft verpflichtet ist und der Einwand der Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nicht greift. Der Fall wurde zur weiteren Klärung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
OLG Hamm, Az.: 4 UF 164/22, Beschluss vom 04.09.2023, eingestellt am 15.11.2024