Zur Verwirkung von Unterhaltsansprüchen
Das OLG Bremen hat in seiner Entscheidung die Grundsätze zur Verwirkung von Unterhaltsansprüchen, insbesondere bei titulierten Ansprüchen auf Kindesunterhalt, umfassend dargelegt und präzisiert. Demnach kann eine Verwirkung eintreten, wenn der Berechtigte sein Recht längere Zeit nicht geltend macht (Zeitmoment) und der Verpflichtete darauf vertrauen durfte, dass das Recht nicht mehr geltend gemacht wird (Umstandsmoment). Bei Unterhaltsrückständen werden keine strengen Anforderungen an das Zeitmoment gestellt, wobei ein Zeitraum von etwas mehr als einem Jahr bereits ausreichen kann. Zum Zeitablauf müssen jedoch besondere Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen. Bloße Untätigkeit oder Unterlassung der Fortsetzung einer begonnenen Geltendmachung reichen nicht aus; vielmehr muss das Verhalten des Gläubigers Grund zur Annahme geben, dass der Anspruch nicht mehr geltend gemacht wird. Bei titulierten Ansprüchen gelten besonders strenge Maßstäbe für das Umstandsmoment, da die Titulierung den Willen zur Durchsetzung für die nächsten 30 Jahre zeigt. Unterlassene oder schleppende Vollstreckungsmaßnahmen allein begründen kein schützenswertes Vertrauen des Schuldners. Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen der Verwirkung trägt der Unterhaltsverpflichtete. Im konkreten Fall konnte der Antragsteller die Verwirkung des titulierten Anspruchs auf rückständigen Kindesunterhalt nicht erfolgreich geltend machen, da die strengen Voraussetzungen, insbesondere hinsichtlich des Umstandsmoments bei titulierten Ansprüchen, nicht erfüllt waren.
OLG Bremen, Aktenzeichen: 5 UF 36/23, Beschluss vom 14.12.2023